Einzelhandel in Innenstädten
Wie retten wir unsere Innenstädte? Zur andauernden Diskussion
CHUTTERSNAP/Unsplash
Innenstädte und Ortszentren verändern sich und stehen – spätestens seit dem Boom des E-Commerce und der Corona-Pandemie – vor Herausforderungen. Zu einer aktuell bleibenden Diskussion sammeln wir hier Neuigkeiten und Stimmen, die den Einzelhandel betreffen.
DStGB-Forderung nach Paketsteuer rechtlich nicht haltbar
2021/10/07
Zur Forderung des Deutschen Städte- und Gemeindebunds (DStGB), eine umsatzabhängige Paketsteuer auf den Versand durch Onlinehändler zu erheben, äußert sich Frank Düssler, Sprecher für Innenstadtthemen beim Bundesverband E-Commerce und Versandhandel (bevh):
„Eine an den Umsätzen orientierte Paketsteuer ist der hilflose Versuch, jetzt Eintrittspreise für das 'Museumsdorf Innenstadt‘ zu fordern. Damit will der DStGB eine vorneherein europarechtswidrige Abgabe einführen: Umsatzsteuer darf nur im Rahmen der Mehrwertsteuersystemrichtlinie der EU erhoben werden. Die Idee erinnert daher an den katastrophalen Versuch, in Deutschland eine Autobahnmaut umzusetzen.“
Quelle: bevh
Innenstädte und Ortskerne retten; Paketversandsteuer einführen; Zukunftsentwürfe gemeinsam entwickeln
2021/10/05
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund fordert die Politik in Bund und Ländern auf, zusätzliche Schritte zur Rettung der Zentren in den Kommunen zu gehen.
„Wir sehen die Entwicklung der Innenstädte und Ortskerne mit großer Sorge“, sagten DStGB-Präsident Bürgermeister Ralph Spiegler und Hauptgeschäftsführer Dr. Gerd Landsberg heute in Berlin. „Die Pandemie hat Handel und Gastronomie hart getroffen. Wir müssen davon ausgehen, dass sehr viele Geschäfte bundesweit schließen beziehungsweise nicht wieder öffnen werden. Allein das bedeutet einen Verlust von unzähligen Arbeitsplätzen. Gewinner ist der Onlinehandel, der 2020 seinen Umsatz auf über 72 Mrd. Euro steigern konnte“, sagten Spiegler und Landsberg.
Der DStGB fordert Bund und Länder auf, die finanziellen Weichen für einen Umbau der Innenstädte und Ortskerne zu stellen. „Die notwendigen Maßnahmen werden erhebliche zusätzliche Finanzmittel erfordern. Wir fordern deshalb eine Paketversandsteuer, um die großen Online-Plattformen an der Finanzierung der Infrastruktur zu beteiligen“, sagten Spiegler und Landsberg. Durch die vielen Liefervorgänge nehmen diese Unternehmen auch die Infrastruktur der jeweiligen Kommune in Anspruch und zahlen in der Regel kaum oder keine Gewerbesteuer.
Quelle und weitere Informationen: Deutsche Städte- und Gemeindebund
"And now, Highstreet?" – Ein Blick auf Deutschlands Einkaufsstraßen
2021/09/28
Wie verändern sich deutsche Einkaufsstraßen? Vor welchen Herausforderungen stehen Innenstädte? Welche Trends entwickeln sich im stationären Einzelhandel? Zum zweiten Mal hat BMO Real Estate Partners Germany gemeinsam mit der bulwiengesa AG den Mieterbesatz von Highstreets und innerstädtischen Shoppingcentern in 141 deutschen Städten erhoben und in einem Bericht zusammengefasst.
Quelle und weitere Informationen: BMO Real Estate Partners
Mehr zum Thema Zukunft des stationären Einzelhandels und der Innenstädte finden Sie immer bei uns unter iXtenso/Innenstadt.
Städte nach Corona mit mehr Mischung, mehr öffentlichen Räumen, mehr Quartiersnähe und neuen Funktionen
2021/09/10
Wie leben wir in unseren Städten nach Corona? Dieser Frage ist die IRE|BS Immobilienakademie im Auftrag des Urban Land Institute (ULI) nachgegangen und hat jetzt die Studie „Europäische Städte nach Corona – Strategien für resiliente Städte und Immobilien“ vorgestellt.
Kernaussage ist, dass für die zukünftige Stadtentwicklung folgende Aktionsfelder entscheidend sind: Die Stärkung von Quartieren um Wege zu reduzieren, die Gestaltung mit mehr öffentlichen Räumen, wobei es zu einer Mehrfachnutzung der Flächen für Begegnungen und andere Nutzungen geben wird und muss, die Umnutzung von Bestandsimmobilien zu anpassungsfähigeren und stärker gemischtgenutzten Gebäuden und damit einhergehend die Flexibilisierung des Bauplanungsrechts.
Um eine deutliche Reduktion innerstädtischer Wegstrecken zu erreichen, bedarf es eines Aufbruchs bestehender Stadtstrukturen hin zu einem Netzwerk quasi-autarker Quartiere, bei denen ein größerer Teil des Verkehrs im Quartier beispielsweise mit dem Fahrrad erfolgen könnte. [...] Diese Quartiere können [aber] nicht alle innenstädtischen Funktionen aufnehmen – die Innenstadt wird zentrale Stadtfunktionen behalten.
Entsprechend entstehen die größten Herausforderungen gemäß den Befragungsteilnehmern in der Neugestaltung öffentlicher Räume und in der Umnutzung von Bestandsimmobilien. Durch den Umbau von Objekten entsprechend der neuen Bedürfnisse entsteht die Quartiersidee auch innerhalb von Gebäuden. [...]
Für Einzelhandelsflächen erwarten die Befragten starke Nachfragerückgange, weil die Pandemie zu einer Verstärkung des Wettbewerbsdrucks durch Online-Anbieter führte und damit neue Gewohnheiten schuf. Lebensmittelhändler, Fachmarktzentren und Discounter sind jedoch weitgehend von diesem Anpassungsdruck ausgenommen. Dass gerade der klassische innerstädtische Einzelhandel an Sogkraft einbüßt, liegt daran, dass das Internet typische Konsumvorteile der Innenstadt teilweise zu deutlich geringeren Transaktionskosten ermöglicht. So ist mit der digitalen Handelswelt geradezu eine zweite, virtuelle Stadt unter die physische Stadt eingezogen, dabei sollte sich die physische Einzelhandelswelt auf die Vorteile des Haptischen und von Erlebnissen konzentrieren. [...]
Quelle und weitere Informationen: Urban Land Institute (ULI)
Mobilitätskonzepte: Erreichbarkeit der Innenstädte durch Verkehrsträgermix
2021/09/02
Im Sinne eines kraftvollen Neustarts nach der Krise misst der Handelsverband Deutschland (HDE) der kundenfreundlichen Gestaltung von Innenstädten besonders große Bedeutung bei. Um lebenswerte und attraktive Stadtzentren zu schaffen, ist ihre Einbindung in eine moderne Verkehrspolitik aus Sicht des HDE essenziell. Ziel sollte es sein, Innenstädte für einen sinnvollen Mix aus Verkehrsträgern bequem erreichbar zu machen und von generellen Einfahrverboten ausgewählter Fahrzeuge Abstand zu nehmen.
Der HDE setzt sich für eine verträgliche Verkehrsplanung ein, die alle Akteure einbezieht und den Weg in die Innenstadt mit dem richtigen Verkehrsträgermix sicherstellt. „Damit die Menschen gerne in die Stadtzentren kommen, müssen diese bequem erreichbar sein. Es braucht also einen guten Mix aus Optionen“, betont Genth. „Erweiterte Angebote im ÖPNV, neue Radwege, eine intelligente Planung für den motorisierten Verkehr und eine bessere Vernetzung der Verkehrsträger sind Stellschrauben, die einen nachhaltigen Beitrag zur Erreichbarkeit leisten können.“
Quelle und weitere Informationen: HDE
Unsere Highlights zur Zukunft der Innenstädte:
E-Commerce-Steuer: Der Kampf David gegen Goliath?
2021/08/16
Die Innenstädte sterben nicht, aber sie werden sich verändern (müssen). Eine E-Commerce-Steuer, wie Sie jüngst Raoul Rossmann, Erbe und Gesellschafter der Drogeriekette Rossmann, forderte, wird den stationären Handel nicht vor dem Wandel bewahren.
Ist dies das Gefecht David gegen Goliath? Soll die Sondersteuer für den Onlinehandel die clevere Steinschleuder darstellen, die den E-Commerce-Giganten – für Rossmann in Gestalt von Amazon – in die Knie zwingt? Der Versuch einen Kampf zwischen Online- und stationärem Handel durch eine solche Maßnahme zugunsten der kleinen und ehrlichen Ladengeschäfte entscheiden zu wollen, scheint auf den ersten Blick lobenswert. Zumal dies Rossmann zufolge der einzige Weg sei, um Milliarden-Investitionen in die Innenstädte zu vermeiden. Dabei benötigen die Innenstädte genau das – Investitionen, um den stationären Handel und sein Umfeld attraktiv, vor allem aber zukunftssicher zu machen.
Gewinner und Verlierer der Pandemie – ein Trugschluss
Dass die Besucherzahlen in den Ladengeschäften seit Jahren rückläufig sind, sich diese Entwicklung mit der Corona-Krise verschlimmert habe und dadurch zahlreiche Existenzen in Gefahr sind – all dies scheint Rossmanns Forderung zu legitimieren. Denn der Onlinehandel, der laut BEVH während der Pandemie 2020 ein Umsatzwachstum von über 11 Milliarden Euro (14,6 Prozent) im Vergleich zum Vorjahr verzeichnete, scheint der unbezwingbare Gegner zu sein, der den stationären Handel zu einem unfairen Kampf herausfordert. Doch wer das glaubt, irrt gewaltig. Betrachtet man nämlich das Verhalten der Kund*innen genauer, zeigt sich eine viel komplexere Situation als die Frage: „Kaufe ich online oder im Laden?“
Hatte sich vor Corona noch niemand für Dienste wie Click & Collect interessiert, nahmen 2020 bereits 44 Prozent der Internetnutzer diesen Service in Anspruch und brachten dem Handel damit rund 4,6 Milliarden Euro ein. Zudem sind laut Handelsverband Deutschland knapp 60 Prozent der Kunden interessiert, diesen Dienst auch in Nach-Corona-Zeiten weiter zu nutzen. Es zeigt sich also, dass es hier gar nicht um einen Kampf geht. Vielmehr läuft es auf eine versöhnliche Verbindung der digitalen und physischen Welt in Form des Omnichannel Commerce hinaus. Funktionen wie Click & Collect, Click & Reserve oder Ship from Store eröffnen dem Handel neue Möglichkeiten. Bereits jetzt positionieren sich erfahrene Händler mit ihren Angeboten und Konzepten im Internet, um Ihre Kunden über alle analogen Touchpoints und digitalen Plattformen hinweg zu erreichen und zufriedenzustellen.
Eine Steuer gegen den Fortschritt
Der Handel entwickelt sich schon jetzt weiter. Eine Steuer, wie sie sich Rossmann vorstellt, würde den Wettbewerb in Deutschland verzerren und den Fortschritt, den wir im Handel brauchen, behindern. Händler und Unternehmen dürfen sich nicht zurückziehen und versuchen, den Impuls für die eigene Weiterentwicklung mit politischen Mitteln zu unterbinden – oder den E-Commerce gar besiegen wollen. Vielmehr braucht es den Mut zur Veränderung. Mit den passenden Technologien, die ja bereits vorhanden sind, lässt sich der Wandel wirkungsvoll unterstützen.
Die Digitalisierung bringt viele Fragen mit sich und nicht alle lassen sich pauschal und unmittelbar beantworten. Künstliche Schutzgebühren einzuführen oder andere Hürden für den E-Commerce aufzustellen, wird den Wandel aber nicht aufhalten, sondern – wenn überhaupt – nur verzögern. Und wer sich der Digitalisierung unserer Welt verweigert, der ist dazu verurteilt zu scheitern. Es sind also die kreativen Ideen und innovativen Lösungen, die den Wandlungsbereiten jetzt einen Vorsprung verschaffen können. Denn nicht alle haben vor, die Hände in den Schoß zu legen und alle Herausforderungen von sich fernzuhalten. Dies ist nicht der Kampf David gegen Goliath. Der Onlinehandel an sich ist nicht der Feind, den es zu bezwingen gilt oder der sich bezwingen ließe. Der Feind ist die Angst vor Veränderung.
Quelle: Kommentar von Ralf Haberich, Geschäftsführer von Shopgate
Rettung der Innenstädte muss fair sein und die Richtigen beteiligen
2021/08/03
Städte brauchen neue Geschäftsmodelle, keine Strafen
Statt den digitalen Handel mit Sondersteuern zu belegen, sollten jene in die Verantwortung für die Innenstädte genommen werden, die am meisten von ihnen profitieren. Umso mehr irritieren öffentliche Forderungen, die Eigentümer, Investoren und Projektentwickler der Innenstädte mit öffentlichem Geld aus der finanziellen Haftung nehmen. Die Vorschläge aus Politik und Handel reichen von staatlichen Förderprogrammen bis hin zu einer Paketsteuer, mit denen Kommunen in Schieflage geratene Handelsimmobilien aufkaufen, in Grünanlagen und Erlebnisquartiere investieren, und Leerstände mit eigenen Anmietungen schließen sollen.
Sondersteuer auf Onlinekäufe wälzt Kosten auf kleine & mittlere Unternehmen ab
„Der Transformationsdruck der Innenstädte ist groß und der Ruf nach einer helfenden Hand laut. Hilfe muss aber mit fairen und ausgewogenen Zielen geleistet werden. Die Eigentümer von zentralen 1A-Handelsimmobilien konnten in der Vergangenheit gut von Wertsteigerungen leben. Es ist eine Frage der Gerechtigkeit, zuallererst die Eigentümer der Innenstädte nach ihrer Verantwortung und ihrem Beitrag zum städtischen Gemeinwesen zu fragen. Eine Sonderabgabe auf den Onlinehandel träfe die absolut Falschen: Zum einen jene stationären Händler, die in ihre digitale Zukunft investiert haben, um in der Pandemie zu überleben. Und zum anderen diejenigen, die frühzeitig und mit unternehmerischem Risiko in neue Handelsmodelle investiert haben. Sie sind es, die sich nun am Markt durchsetzen,“ sagt Martin Groß-Albenhausen, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des bevh.
„Die Digitalisierung der Gesellschaft lässt sich nicht einfach zurückdrehen. Eine Rückkehr der Kunden zu alten Handelsstrukturen wird es daher nicht geben, auch nicht unter staatlichem Zwang. Wer eine Besteuerung von Online-Einkäufen fordert, verweigert sich den Wünschen der Kunden und schädigt die kleinen und mittleren stationären Händler, die ihre Umsätze immer mehr auch über digitale Marktplätze machen,“ sagt Daniela Bleimaier, Leiterin Public Affairs Deutschland & Regionales beim bevh.
Quelle und weitere Informationen: Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V.
Sondersteuer oder Paketabgabe für Onlinehändler?
2021/08/01
In einem Interview mit dem Handelsblatt fordert Raoul Roßmann, Mitglied der Geschäftsführung der Dirk Roßmann GmbH, Hürden für große Onlinehändler wie Amazon, etwa in Form einer Paketsteuer, um die Innenstädte zu unterstützen.
Quelle: Handelsblatt
Lebenswerte Innenstädte und Handelsstandorte gestalten
2021/07/14
Innenstädte sind Orte der Begegnung, europäisches Kulturgut und ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. In ihrer Vielfalt tragen Stadtzentren zum gesellschaftlichen Zusammenhalt bei.
Um auch in Zukunft attraktive und lebenswerte Innenstädte zu haben, müssen wir schon heute die Stadt von morgen gestalten. Hierfür bedarf es mutiger Konzepte, kreativer Ideen und des richtigen politischen Rahmens.
In Stadtzentren kommen Handel, Gastronomie, Kultur und Verwaltung zusammen. Die funktionale Durchmischung von Wirtschaft, Unterhaltung und Service macht unsere Innenstädte aus. Aufgrund der extremen wirtschaftlichen Folgen der Pandemie stehen die Innenstadtakteure allerdings vor der Herausforderung, diese Vielfalt zu erhalten und die Multifunktionalität der Stadtzentren für die Zukunft zu optimieren. Gemeinsam mit dem künftigen Bundestag muss sich eine breite Allianz aller Akteure der Stadtgesellschaft für erfolgreiche Handelsstandorte einsetzen. Neben der kreativen Gestaltung, Sicherheit und Aufenthaltsqualität kommt der Erreichbarkeit der Zentren für den Kunden- und Lieferverkehr große Bedeutung zu.
Ein durchdachtes und intelligentes Konzept kann den Mobilitätswandel einleiten. Damit Handel, Gastronomie, Kultur und Verwaltung ihre Innenstadtfunktion erfüllen können, müssen Innenstädte zu allen Zeiten und mit allen Verkehrsträgern erreichbar sein. Der Mobilitätswandel ist hierbei stets auf die individuellen Bedingungen vor Ort abzustimmen, etwa die Größe einer Stadt und das Einzugsgebiet.
Quelle: HDE
Themenkanäle: stationärer Einzelhandel, Handel, Trendforschung, Innenstadt