Handel holt bei der Digitalisierung auf
Unternehmen offen für künstliche Intelligenz, der Praxiseinsatz stagniert jedoch
Der Handel war lange zurückhaltend bei der Digitalisierung und im Vergleich mit anderen Branchen eher ein Nachzügler. Jetzt haben Handelsunternehmen die Zurückhaltung aber abgelegt und holen auf.
Ein Blick auf die 10-Punkte-Skala verrät: Der Handel macht im Vergleich zu anderen Branchen in diesem Jahr den größten Digitalisierungsfortschritt mit einem Anstieg von 5,5 auf 6 Punkte. Damit liegt der Handel sogar über dem Durchschnitt aller untersuchten Branchen. Auf einer Skala von 1 (ganz am Anfang) bis 10 (vollständig digitalisiert) sehen sich die befragten Unternehmen insgesamt bei einem Wert von 5,9. Das ergab eine repräsentative Umfrage unter 951 deutschen Unternehmen von Bitkom Research im Auftrag des IT-Dienstleisters Tata Consultancy Services (TCS).
Die Transformation verantwortet in fast jedem zweiten Handelsunternehmen (45 Prozent) eine spezielle Digitalisierungseinheit. Vergleichsweise selten begleitet der Handel die digitale Transformation dabei mit Changemanagement-Methoden (52 Prozent, Gesamt: 59 Prozent). Im Fokus stehen dabei unter anderem die Veränderung von Geschäftsprozessen und -modellen (64 Prozent) – und sind damit stärker im Fokus des digitalen Wandels als in allen anderen Branchen.
Plattformen gewinnen weiter an Bedeutung
Plattformen als Teil der digitalen Transformation gewinnen gerade in der Pandemie stark an Bedeutung: Jedes zweite Handelsunternehmen (57 Prozent) bietet sein Portfolio mittlerweile auf Online-Marktplätzen an. Mit Blick auf das Vorjahr ergibt das ein Wachstum um 13 Prozentpunkte für Plattformen als Vertriebskanal.
"Digitale Plattformen sind seit Jahren omnipräsent und haben in der Pandemie weiter an Relevanz gewonnen", berichtet Andreas Stein, Handelsexperte bei TCS. "Auch soziale Netzwerke integrieren zunehmend E-Commerce-Systeme in ihre Nutzeroberfläche. Die Pandemie war für die Branche ein Weckruf und zahlreiche Unternehmen nutzen die Möglichkeiten inzwischen."
Unternehmen offen für Künstliche Intelligenz, der Praxiseinsatz stagniert jedoch
Zwar stehen immer mehr Unternehmen Künstlicher Intelligenz (KI) offen gegenüber, doch der Praxiseinsatz stagniert, noch immer lässt der große Durchbruch auf sich warten. So gab mehr als die Hälfte der Handelsunternehmen (56 Prozent) an, der Technologie gegenüber positiv eingestellt zu sein – das sind 3 Prozent mehr als im Vorjahr. Damit liegt die Branche knapp über dem Gesamtdurchschnitt, noch vor der Automobilindustrie und dem Maschinen- und Anlagenbau.
Doch nur jedes siebte Unternehmen (14 Prozent) setzt die Technologie auch tatsächlich ein. Genauso viele Firmen planen (14 Prozent) den Einsatz Künstlicher Intelligenz. Weitere 18 Prozent diskutieren die KI-Nutzung. Die Werte sind damit nahezu identisch mit denen vom Vorjahr.
Fast drei Viertel der befragten Handelsunternehmen (73 Prozent) sehen in den hohen Investitionen eine entscheidende Hürde für die Einführung und Umsetzung von KI-Systemen. Mit großem Abstand folgen weitere Hinderungsgründe wie die Komplexität der Technologie (51 Prozent), Anforderungen an den Datenschutz (45 Prozent), lange Entscheidungsprozesse im Unternehmen (46 Prozent) und der Mangel an Expertise (43 Prozent).
Künstliche Intelligenz kann zum Beispiel die Preisgestaltung optimieren, indem Unternehmen nicht nur die Daten der Wettbewerber als Basis nutzt, sondern auch das Einkaufsverhalten der Kunden einbezieht. Darüber hinaus ermöglicht die Technologie auch eine kundenorientierte Sortimentsgestaltung und intelligentes Bestandsmanagement. Mithilfe von Musterkennungen aus einer Vielzahl an Daten, und unter Einbeziehung externer Einflüsse wie dem Wetter, potenziellen Trends und Veranstaltungen, versetzt KI den Einzelhandel zum Beispiel in die Lage, Sortimente optimal auf die Kunden in seinem Einzugsgebiet anzupassen.
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