Interview • 01.07.2013

Frisch und fertig soll es sein

Convenience-Shops treffen den Nerv der Zeit

Angela Krause: Gerade im Food-Bereich beobachten wir schon länger eine ganz...
Angela Krause: 'Gerade im Food-Bereich beobachten wir schon länger eine ganz starke Veränderung hin zur Inszenierung von Lebensmitteln.'
Quelle: dlv

Brötchen auf die Hand und Coffee to go: Der Kunde von heute mag es schnell und unkompliziert. Neben dem Bedürfnis nach gesunden Convenience-Produkten hat sich bei den Konsumenten auch beim Lebensmitteleinkauf der Wunsch nach Erlebnis etabliert. Im Interview erzählt Angela Krause vom Deutschen Ladenbau Verband (dlv), wie der Convenience-Shop den Kunden von morgen richtig abholt.

Frau Krause, welche Vorteile bietet der Convenience-Shop dem Handel?

In Deutschland kennt man Convenience-Shops bislang eher aus dem Tankstellenbereich oder an Bahnhöfen und Flughäfen. Diese Shops sind hochfrequentiert durch anhaltenden Publikumsverkehr nahezu rund um die Uhr. Einer der maßgeblichen Vorteile ist es darüber hinaus, dass Produktgruppen kombiniert werden können. Es besteht beispielsweise die Möglichkeit, Grundprodukte wie Salat und Brot mit frischen Fertigprodukten wie Lasagne oder Pizza zu kombinieren. Das ermöglicht es dem Handel, umfassender und abwechslungsreicher auf die Kundenbedürfnisse einzugehen. Der Kunde kann vor Ort selbst entscheiden, ob er die einzelnen Zutaten, das fertige Produkt oder einen Mix aus beidem kaufen möchte. Beiden Bedürfnissen kommt das Konzept Convenience-Store nach.

Was für Convenience-Konzepte gibt es?

Es gibt zum Beispiel das Konzept des REWE to go, den das Unternehmen erstmalig in der Kölner Innenstadt und inzwischen auch am Hauptbahnhof eröffnet hat. Es gibt in solchen Geschäften vereinzelt auch Produkte aus dem klassischen Einzelhandel, wie Milch oder Brot.Das Hauptaugenmerk liegt aber eindeutig auf vorgefertigten frischen Produkten wie z.B. unterschiedlichste Sandwiches, Gemüse- oder Obstsalate, Nudelgerichte, die wie im REWE sogar vor Ort vom Kunden aufgewärmt werden können.

Alternativ gibt es das Konzept von Kochhaus in Berlin. Dort können Kunden die Zutaten für ein Gericht in der exakt benötigten Menge kaufen, dazu erhalten sie das Rezept. Weiter geht ein Supermarkt in Spanien. Hier wird jeden Tag ein wechselndes Gerichtangeboten, dessen Zutaten entweder einzeln und nach individuellem Gusto oder Ernährungsplan eingekauft werden können.Alternativ kann der Kunde aber auch das fertige Gericht für die Mikrowelle mitnehmen. Die Gerichte werden von einem Universitätsprofessor nach ernährungsphysiologischen Aspekten ausgewählt. Dieses Konzept von gesundem und unkompliziertem Einkauf kommt in Spanien unglaublich gut an.

Wie entwickelt sich der Convenience-Shop-Markt momentan?

Im Ausland sind solche Shops schon sehr viel weiter verbreitet. In Deutschland erwarten wir in den nächsten Jahren ebenfalls einen starken Zuwachs. Der Bäcker z.B., den es in vielen Supermärkten im Eingangsbereich gibt, gehört in den meisten Fällen nicht zum Unternehmen selbst. Diese Einnahmequelle versuchen die Märkte jetzt durch Backstationen im Markt zu sich zu holen. Die dadurch frei werdenden Bereiche können dann ideal für den Convenience-Konsumenten nutzbar gemacht werden: Cafés, Cafeterien oder eben auch Kleinbereiche, in denen die Kunden sich aus den angebotenen Produkten selbst etwas zubereiten können.

Welche Vorteile haben die Kunden?

Einer der Hauptvorteile ist die Zeitersparnis. Die Menschen arbeiten immer mehr und müssen zugleich auch immer längere Wege zurücklegen. Da ist ein fertiges, frisches Produkt einfach komfortabler einzukaufen und zuzubereiten. Gleichzeitig nimmt den Konsumenten das Convenience-Produkt oder der Rezeptvorschlag auch die Überlegungen, was denn am Abend zu kochen sei, vorweg. Auch für Menschen auf Geschäftsreise hat so ein Store den Vorteil, dass sie sich statt eines Restaurantbesuchs oder dem teuren Zimmerservice auch eine Kleinigkeit mit ins Hotel nehmen können.

In Zukunft ist es sicherlich denkbar, dass die Kunden in den Shops die Möglichkeit haben, sich ihre Gerichte direkt vor Ort aufzuwärmen. Das hat der REWE to go in Köln zum Beispiel heute schon. Oder aber Aufback-Stationen für Gerichte und Backwaren sind sicherlich Elemente, die den Komfort der Convenience-Bereiche weiter erhöhen.Ein Problem, das wir momentan noch haben, ist es, Waren, wie z.B.  geschnittenes Obst oder Nüsse, anzubieten, die der Kunde sich selbst zusammenstellen kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Produkte zur bequemen Entnahme in offenen Behältern angeboten werden. In Deutschland gibt es im Selbstbedienungsbereich strenge  hygienische Bestimmungen an diesen Entnahmestationen. Hier muss noch eine Lösung gefunden werden.

Was ist bei der Warengestaltung eines Convenience-Stores zu beachten?

Wie immer im Lebensmittelbereich sind ein ansprechendes Ambiente und die Frische vorrangig. Ein Problem der Convenience-Produkte ist, dass sie im Kopf der Konsumenten mit Begriffen wie Fastfood und Fertigware assoziiert werden. Der Handel muss es schaffen, davon wegzukommen, indem er die Produkte frisch und wertig präsentiert. Im Food-Bereich wird heute schon sehr stark mit Obst- und Gemüse-Körben und anderen Elementen, die eine Wohlfühl-Atmosphäre schaffen, gearbeitet. Das ist auf den Convenience-Bereich zu übertragen.  Wichtig ist, dass Convenience-Produkte klar als solche zu erkennen sind.

Und wie kann sich der Ladenbau da anpassen?

Gerade im Food-Bereich beobachten wir schon länger eine ganz starke Veränderung hin zur Inszenierung von Lebensmitteln. Durch den immer stärker werdenden Online-Handel hat sich bei den Konsumenten ein Wandel im Einkaufsverhalten entwickelt, das sich jetzt auch über den Food-Bereich erstreckt. Der Bedarfseinkauf hat sich zunehmend zum Erlebniseinkauf entwickelt.

Kunden wollen heute nicht mehr nur ihren Produktbedarf stillen, sondern beim Einkauf auch etwas erleben. Daher wird die Inszenierung von Shop und Warenangebot immer wichtiger. Als Supermarktkette reicht es heute nicht mehr, deutschlandweit dieselben Geschäfte mit den gleichen Sortimenten zu haben.Man muss sich den regionalen Gegebenheiten anpassen, sowohl in der Sortimentsgestaltung als auch im Ladenbau. Deswegen erleben ja auch momentan Tante Emma-Läden eine kleine Renaissance, da die Kunden eben ein Bedürfnis nach personalisierten, romantischen Elementen im Einkaufs-Alltag haben.

Und wie passt Convenience in diese Zukunftsvision?

Nun, wie wir bereits jetzt schon sehen, haben die Menschen heute viel weniger Zeit zum Kochen und Einkaufen, sind viel unterwegs. Daher werden die Nachfrage nach Convenience-Produkten und damit auch das Angebot weiter ansteigen.Der reine Convenience-Store ist allerdings etwas, das nur bedingt funktioniert. In der Kölner Innenstadt ist er praktisch und sinnvoll, aber in ländlichen Regionen oder in kleinen Städten ist so etwas nicht wirklich praktikabel. Daher werden auch, wie es jetzt bereits passiert, Supermarkt und Convenience-Store zukünftig immer weiter ineinander verschmelzen.

Elisabeth Henning; iXtenso.com


 

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