Umfrage: Verbraucher wenden sich von Amazon ab
Scharfe Kritik für den Marktführer im Onlineversandhandel
Amazon steht in der Kritik. Seit Monaten kritisieren Verbraucherschützer, Gewerkschaften und Verbände – neben gefälschten Bewertungen, schlechten Arbeitsbedingungen, neonazistischen T-Shirts, Plagiaten und dem Umstand, dass Amazon bei Retouren Millionen neuwertige Produkte vernichtet hat – vor allem eines: Amazons Marktmacht. Wettbewerbshüter sind alarmiert: Im Juli verhängte Frankreich bereits eine Digitalsteuer gegen ausländische Konzerne. Und neben der US-Handelsaufsicht FTC ermitteln auch die EU-Wettbewerbshüter und das Bundeskartellamt. Nun zeigt eine Studie: Auch die Mehrheit der Deutschen fordert ein Eingreifen der Politik. Und nicht wenige Verbraucher wenden sich von Amazon ab.
43,7 Prozent der Deutschen finden Amazons Marktmacht bedenklich. 87,4 Prozent von ihnenkaufen deshalb bewusst weniger bei Amazon ein. Und 67,9 Prozent der Deutschen würden die Einführung einer Digitalsteuer nach französischem Vorbild gutheißen. Dies ist das – für Amazon negative – Ergebnis einer repräsentativen Umfrage, die Statista Mitte September im Auftrag des Verbraucherforums mydealz.de unter 1.000 Konsumenten durchgeführt hat. Konsumenten befürchten vor allem, dass andere Händler unter Amazons Marktmacht leiden und Amazon die Preise freibestimmen kann.
Vor allem 16- bis 24-Jährige sehen Amazons Marktmacht kritisch
Am stärksten ist der Argwohn bei Verbrauchern im Alter von 16 bis 24 Jahren ausgeprägt. 46,2 Prozent von ihnen finden Amazons Marktmacht bedenklich und nur 39,3 Prozent unbedenklich. Und auch unter den 25 bis 34-jährigen finden sich mehr Bedenkenträger (44,4 Prozent) als Verbraucher, die die Situation im Online-Handel nicht problematisch finden (41,7 Prozent). Ähnlich deutlich fällt das Stimmungsbild sonst nur bei älteren Verbrauchern aus. 43,8 Prozent der Konsumenten im Alter von 55 bis 64 Jahren sehen die Konzentration im Online-Handel kritisch, 40,0 Prozent finden sie nicht problematisch. Und von den über 65-jährigen sprechen sich 45,2 Prozent klar gegen Amazons starke Marktposition aus während sie „nur“ 39,8 Prozent nicht als problematisch empfinden.
Verbraucher befürchten, dass Amazon seine Marktmacht missbraucht
Fragt man Verbraucher nach den Gründen für ihre Skepsis, bekommt man vor allem eine Antwort: Sieben von zehn Deutschen, die die Marktsituation im deutschen Onlinehandel problematisch finden, fürchten, dass Amazon seine starke Position missbraucht: 70,7 Prozent haben Bedenken, dass andere Online-Händler unter Amazons Marktmacht leiden. 68,2 Prozent fürchten für sich selber Nachteile und denken, Amazon könne „die Preise so hoch ansetzen wie sie wollen“, wenn der Wettbewerb fehlt. Und 68,0 Prozent – Mehrfachantworten waren bei dieser Frage möglich – gaben bei der Umfrage zu bedenken, ein (zu) starkes Amazon könne Zulieferern die Preise diktieren.
Viele Verbraucher haben ihr Einkaufsverhalten angepasst
Wie sehr sich Amazons Dominanz auch ganz konkret auf das Konsumverhalten auswirkt, zeigt ein anderer Teil der Umfrage. Neun von zehn Verbrauchern (87,4 Prozent), die Amazons Marktmacht als problematisch empfinden, haben ihr Einkaufsverhalten bereits entsprechend angepasst. Am stärksten profitiert der klassische Einzelhandel von diesem Trend: Jeder dritte Verbraucher (33,9 Prozent) kauft als Reaktion auf Amazons Dominanz „prinzipiell so viel wie möglich im klassischen Handel“ und „nur“ jeder Sechste (14,9 Prozent) kauft „prinzipiell so viel wie möglich bei anderen Online-Händlern“.
Nur jeder dritte Deutsche vertraut Bewertungen bei Amazon
Kritik musste Amazon in den letzten Monaten auch von Verbraucherschützern einstecken. Die britische Verbraucherschutzorganisation Which? deckte beispielsweise im April auf, dass 87 Prozent der Bewertungen bei Amazon nicht glaubwürdig seien. Und obwohl Amazon gekauften Bewertungen inzwischen öffentlichkeitswirksam den Kampf angesagt hat, sitzt das Misstrauen bei vielen Verbrauchern tief. Nur jeder Dritte (34,5 Prozent) vertraut den bei Amazon abrufbaren Kundenstimmen; 65,5 Prozent halten sie indes für nicht vertrauenswürdig.
Die Rohdaten zu den oben genannten Umfragen finden Sie hier.
Themenkanäle: Online-Handel, Einkaufsgewohnheiten, Verbände, Verbrauchernachfrage, Bewertungsmanagement