Winke, winke aus dem Regal
Aufmerksamkeit erzeugen mit animierter Warenpräsentation
Einige Gänge, viele (teils unübersichtliche) Regale und noch mehr Konkurrenz-Produkte – wie können Waren da aus der Masse herausstechen? Diese Frage hat sich auch ein rumänisches Start-up gestellt. Die Antwort: Tokinomo, ein interaktiver Roboterarm, der Produkte quasi „zum Leben erwecken“ soll. Unternehmensgründer Ionut Vlad hat uns erzählt, was hinter der Idee steckt und welche Rolle menschliche DNA dabei spielt.
Ionut, wenn es ums Einkaufen geht, bevorzugst du das Online-Shopping oder den stationären Handel?
Beides. Manchmal kaufe ich gerne im Geschäft ein, weil es da mehr ums Erlebnis geht: Man kann sich mehrere Produkte ansehen, aus- oder anprobieren. Online-Shopping ist natürlich bequemer und schneller.
Trotzdem vertrittst du auch die Meinung, dass Händler*innen weiter auf Vor-Ort-Geschäfte setzen sollten, richtig? Warum?
Ich glaube nicht, dass der stationäre Handel in nächster Zeit von der Bildfläche verschwinden wird. Ich denke, beide Formen des Handels können koexistieren. Natürlich muss sich der stationäre Handel weiterentwickeln und an die neue Situation und die neuen Umstände anpassen, aber es geht nicht nur in Richtung E-Commerce. Denn: Der stationäre Handel hat einige Vorteile – vor allem im Lebensmittelbereich, in dem wir tätig sind: Kund*innen können nach Neuigkeiten stöbern, sich eine Auszeit von der alltäglichen Hektik nehmen, entspannen und sich persönlich von Mitarbeiter*innen beraten lassen.
Eure Marketinglösung setzt auf Licht, Bewegung und Klang – ist ein multisensorisches Einkaufserlebnis mittlerweile essenziell für den stationären Handel?
Nun, ich glaube nicht, dass es essenziell ist, aber wahrscheinlich effizienter, weil Menschen heutzutage mit allen möglichen Reizen und Botschaften bombardiert werden. Händler*innen müssen versuchen, die Sinne der Kundschaft anzusprechen, um ihre Aufmerksamkeit zu bekommen. Bewegung beispielsweise liegt in unserer Natur. Es ist also Teil unserer DNA auf Bewegung zu reagieren. Hinzu kommen Licht und Sound, die auf unterschiedliche Art eingesetzt werden können und schon ergibt sich ein Gesamtbild, das Kund*innen anspricht.
Was bedeutet die Schaffung der Aufmerksamkeit denn für die Produktpräsentation im Store?
Ein Produkt muss während der Customer Journey sichtbar sein. Ist es das – unabhängig von Qualität, Marke und Preis – nicht, wird es ignoriert. Und auch der Aufwand, den der Hersteller in das Produkt gesteckt hat, wird letztendlich ignoriert, geht verloren oder wird vergeudet. Im Grunde genommen laufen Kund*innen im Autopilot-Modus durch den Laden oder das Einkaufszentrum. Sie nehmen also nicht wirklich jedes Produkt wahr. Man muss aus der Menge herausstechen.
Also muss der Autopilot-Modus durchbrochen werden, richtig?
Genau, Händler*innen müssen es schaffen, dass Kund*innen den Kopf heben, sich umschauen und im besten Fall mit Produkten interagieren. Dafür haben wir einen Roboterarm entwickelt, der Waren in Regalen von anderen abhebt und sie sozusagen tanzen lässt. Die Lösung ist so konzipiert, dass sie zunächst in Lebensmittelgeschäften eingesetzt werden kann, aber auch in Apotheken, Tankstellen und Baumärkten brauchbar wäre, insbesondere dort, wo unterschiedliche Marken angeboten werden und die Konkurrenz größer ist.
Was denkst du, wie sieht der stationäre Einzelhandel in 15 bis 20 Jahren aus?
Ich denke, allzu viel wird sich nicht ändern, hat es sich in den vergangenen 50 Jahren auch nicht. Ich spreche hier allerdings nur davon, dass die Leute durch die Gänge gehen und ihre Produkte in die Hand nehmen. Ich denke 15 bis 20 Jahre sind keine langfristige Perspektive: Es gibt so viele Einzelhändler*innen, die immer wieder mit Innovationen auf den Markt kommen und es braucht einfach Zeit sie zu etablieren.
Eine sehr interessante Annahme. Hast du ein konkretes Bespiel dafür?
Denke nur an Amazon Go. Das Konzept gibt es seit mehreren Jahren und es wird immer noch nicht weltweit um- beziehungsweise eingesetzt, da Käufer*innen Einkaufsgewohnheiten auch nicht einfach ändern und scheinbar gerne an die altbekannte Kasse gehen. Eine Art Mainstream deutet sich an, aber noch ist es nicht so weit.
Ich denke, es wird sich wahrscheinlich weiterentwickeln und ich denke, dass das Kundenerlebnis entscheidend sein wird, denn die Kund*innen rücken immer weiter in den Fokus: Es geht nicht mehr um die Marken, es geht nicht mehr unbedingt um die Einzelhändler*innen oder das, was technisch möglich ist, sondern um die Käufer*innen. Die Shopper*innen haben die Macht Handel, Marken und Produkt entscheidend mitzugestalten. Und sie bestimmen das Tempo.