„Just walk out“: Der unsichtbare Bezahlvorgang
Mit Zero-Click-Payment und Smart Store-Technologien automatisch bezahlen
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Einzelhändler arbeiten stets an Lösungen, die das Bezahlen vereinfachen und automatisieren. Denn je mehr der Bezahlprozess in den Hintergrund tritt, desto niedriger ist die Hemmschwelle für das Geldausgeben, zumindest bei kleinen Beträgen. Laut einer Studie von Juniper Research haben daher Technologien wie Zero-Click-Payment – auch „Invisible Payment“ genannt – das Potenzial den Einzelhandel in den nächsten Jahren nachhaltig zu verändern.
Bei sogenannten Zero-Click-Payments wird der Bezahlvorgang automatisch ausgelöst und verläuft vom Benutzer unbemerkt im Hintergrund. Diese zeitsparende Bezahloption, die man von Abonnements kennt, soll im Zuge von Omnichannel-Strategien das Einkaufen attraktiver machen.
„Invisible bzw. Zero-Click-Payments sind auf jeden Fall im Kommen. Kunden haben Spaß am Einkaufen – nicht am Bezahlen,“ erklärt Ralf Ohlhausen, Business Development Director bei PPRO, einer Fintech-Dienstleistungsfirma. „Ich halte das Potenzial für riesig. Wo auch immer technisch möglich, und die Entwicklung wird schnell voranschreiten, werden Händler den lästigen Zahlvorgang verschwinden lassen.“ Laut Juniper sollen bis 2022 sollen mehr als 78 Milliarden Dollar an Transaktionen über „unsichtbare“ Zahlungstechnologien abgewickelt werden. Diese Schätzung ergibt sich auf Basis der erwarteten 9,8 Milliarden Dollar Einzelhandelserlös im Jahr 2017.
Wie komfortables Bezahlen funktionieren kann, haben Onlinehändler vorgemacht, in deren Webshops dank gespeicherter Kontodaten und Einstellungen der Bezahlvorgang mit nur einem Klick abgeschlossen werden kann. Im physischen Store kommen für das automatische Bezahlen Kameras, Sensoren und Künstliche Intelligenz zum Einsatz.
Machen mobile Endgeräte Kassen überflüssig?
Mit mobilen Devices wie Smartphones, Tablets oder Smartwatches haben die Kunden die Technologie für bargeldlose Bezahlvorgänge oft selbst in der Tasche. Laut Juniper Research werden diese Bezahllösungen in den nächsten fünf Jahren mehr als 5.000 Einzelhandelsgeschäfte erreichen. Die Zahl der Verbraucher, die mit den Checkout-Apps ihre eigenen Einkäufe einscannen, soll im gleichen Zeitraum von knapp 4 Millionen auf über 30 Millionen steigen.
Den physischen Checkout im Einzelhandel ersetzen will auch Amazon mit dem Pilotprojekt Amazon Go, einem Supermarkt, der ohne Kassen auskommt. Der Kunde checkt im Laden mit seinem smarten Endgerät ein, nimmt sich die Waren aus den Regalen und verlässt dann das Geschäft, ohne eine Kasse passieren zu müssen. Mithilfe von Kameras und Sensoren wird ermittelt, welche Produkte eingekauft werden. Die Bezahlung erfolgt dann beim Verlassen des Shops über das Amazon-Konto.
Die Eröffnung des ersten Amazon Go-Marktes in Seattle verzögert sich jedoch seit dem geplanten Start im März 2017. Die Technik funktioniert noch nicht reibungslos, wenn die Anzahl der Kunden im Laden eine gewisse Zahl überschreitet.
„Natürlich darf es nicht auf Kosten der Sicherheit gehen, das heißt sowohl der Kunde als auch der Händler müssen das Vertrauen haben, dass weder zu viel noch zu wenig bezahlt wird.“ (Ralf Ohlhausen)
Automatisches Bezahlen im Onlinehandel
Zero-Click-Payment ist nicht nur für den stationären Einzelhandel interessant. Auch der E-Commerce bemüht sich, den Bezahlvorgang so automatisiert und unscheinbar wie möglich abzuwickeln. Ein Beispiel dafür ist der Amazon Dash-Button, mit dem man Waren des täglichen Gebrauchs, etwa Waschmittel oder Müllbeutel, auf Knopfdruck bestellen kann. Betätigt der Kunde den Plastikknopf, wird das vorprogrammierte Produkt geordert und über das bei Amazon hinterlegte Konto bezahlt.
Auch Domino’s Pizza stellt mit der Zero-Click-Ordering-App eine Invisible Payment-Option bereit. Öffnet man diese Anwendung, wird eine voreingestellte Bestellung automatisch geordert, wenn man den Vorgang nicht innerhalb von zehn Sekunden abbricht.
Bisher ermöglichen diese Lösungen allerdings nur Einkäufe von genau einem vorausgewählten Produkt. Warenkörbe mit mehr als einem Artikel oder Änderungen der Produkte können nicht mit Invisible Payment abgewickelt werden. So sind unsichtbare Bezahlvorgänge im Online-Handel noch eine Nischenerscheinung.
Desgleichen ist Zero-Click-Payment bei Dienstleistungen erfolgreich im Einsatz: Beim Online-Taxidienst Uber in den USA beispielsweise wird der zu zahlende Betrag nach der Fahrt automatisch per Smartphone-App über PayPal beglichen.
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Revolution im Einzelhandel oder verhaltene Entwicklung?
In ihrem Bericht „Future In-store Retail Technologies: Adoption, Implementation & Strategy 2017-2022“ kam Juniper Research zu dem Ergebnis, dass die Kosten und die Herausforderung der Infrastrukturintegration den Einsatz von Invisible Payment zunächst einschränken werden. Bevor sich diese Bezahllösung etabliert, würden sich zwei andere Retail-Technologien im stationären Handel durchsetzen: Checkout-Apps und automatisches Scannen.
„Alles in allem ist aber zu erwarten, dass Deutschland beim Einsatz neuer Technologie im Endkundenbereich weiterhin eher hinterherhinken wird.“ (Ralf Ohlhausen)
Diese beiden Lösungen haben niedrigere Vorabkosten und können als Informations- und Werbeplattformen genutzt werden. Juniper Research geht davon aus, dass diese Technologien bis 2022 zu einer durchschnittlichen Umsatzsteigerung von über 300 Dollar pro Käufer und Jahr führen werden.
Solche Vorstufen bei denen Kunden ihre Waren selbst einscannen und per App auf ihrem Smartphone bezahlen, könnten den Weg ebnen für unsichtbare Bezahlvorgänge. Sie können aber auch technische Probleme oder datenschutzrechtliche Bedenken zum Vorschein bringen. Der Amazon Go-Shop beispielsweise hat viele Kritiker, die vor der uneingeschränkten Überwachung des Kunden im Geschäft warnen. Gerade in Deutschland bevorzugen Konsumenten immer noch Zahlungsarten, bei denen die Sicherheit gegenüber der Bequemlichkeit Vorrang hat.
In China oder auch in den USA, wo weniger Bedenken gegenüber neuen (Bezahl-)Technologien und dem Weitergeben sensibler Daten herrschen, wird Zero-Click-Payment wahrscheinlich zuerst in den Einzelhandel übernommen werden, meint Ralf Ohlhausen. „Vor allem im Zusammenhang mit dem ‚Internet of Things‘ wird es gar nicht anders gehen. Wenn Autos das Benzin und Kühlschränke die Milch kaufen, sollen sie auch selbst bezahlen.“