Von 50 in 120 Filialen: Innerhalb kürzester Zeit hat die Bäckerei Voigt ihr Angebot auf 70 Discounter-Märkte ausgeweitet. Um diese zusätzlichen Filialen beliefern zu können, musste das Unternehmen seine Logistikrouten optimieren – gemanagt hat das die gts systems and consulting GmbH aus Aachen. Wir haben mit dem Vertriebsleiter Thomas Kriese gesprochen und ihn gefragt, wie man ein solches Riesenprojekt angeht.
Herr Kriese, Sie haben die Bäckerei Voigt dabei unterstützt, ihr Angebot in einem Discounter auszuweiten. Wie sieht die Herangehensweise an eine solche Tourenplanung aus und wie das fertige Ergebnis?
Thomas Kriese: Zuerst werden die Stammdaten erfasst, wie beispielsweise die Standorte von Fuhrpark und Lagern. Anschließend werden die zu verplanenden Lieferungen in das sogenannte TransIT-System importiert. Neben der Lieferadresse können Zeitfenster, Liefermengen und weitere Lieferbedingungen berücksichtigt werden. Dann wird die Planungsaufgabe erzeugt. Dazu werden im System Lieferungen und Fahrzeuge ausgewählt. Neben den Liefervorgaben spielen Fahrzeugkapazitäten und die Fahrzeiten eine Rolle. Auf dieser Grundlage erzeugt das System mit einem Optimierungsalgorithmus den kostenoptimalen Tourenplan.
Was genau macht dieser Algorithmus?
Er ist in der Lage dazu, die Zuordnung von Lieferungen zu Fahrzeugen, inklusive Reihenfolgeplanung, durchzuführen. Dabei können viele Planungsbedingungen sowie echte Lieferbedingungen berücksichtigt werden. Wie lange fährt der Fahrer von A nach B? Wie weit ist die Strecke? Wie viel kostet dies? Die Berechnung der Fahrstrecken und Fahrzeiten erfolgt auf dem Straßennetz. Von TransIT geplante Touren sind extrem realitätsnah und der Optimierer kann auch sehr große Planungsaufgaben schnell und zuverlässig erledigen.
Was bedeutet das konkret für die Tourenplanung?
Die Gesamtkosten der Touren, bestehend aus den Kosten für Fahrzeug, Strecke, Zeit und Einsatz, werden minimal gehalten. Der Tourenplan kann jederzeit verändert oder erweitert werden – zum Beispiel, wenn neue Filialen hinzukommen. Der Tourenplan besteht aus einzelnen Touren. Dabei ist jeder Tour ein Fahrzeug, eine bestimmte Anzahl von Lieferungen und die Lieferreihenfolge zugeordnet. Außerdem wird das gesamte Timing der Touren errechnet, darunter Abfahrt und Ankunft an Lieferpunkten und die Rückkehr. Die berechneten Touren sind auf die TransIT-App für Android-Smartphones übertragbar. Diese unterstützt den Fahrer durch die Navigation und Vorgabe der Lieferreihenfolge und liefert dem Disponenten die GPS-Daten zurück.
Welche Vorteile ergeben sich durch eine solche Planung für Händler?
Ein optimierter Tourenplan spart 15 Prozent der Kosten im Vergleich zu einer manuellen Planung. Ab 15 Fahrzeugen kann zusätzlich meist ein ganzes Fahrzeug eingespart werden. Da die Fahrzeuge kürzere Strecken fahren, fällt der Spritverbrauch geringer aus und es wird weniger CO2 produziert. Zudem sind optimierte Touren gleichmäßiger ausgelastet. Das verringert Überstunden und Stress für die Mitarbeiter. Die automatische Planung der Touren spart zudem Zeit, die Disponenten nun zum Beispiel für das Durchspielen von Planungsalternativen, wie zusätzliche Standorte oder andere Fuhrparks, nutzen können. Werden so Verbesserungen auf taktischer Ebene erzielt, können sie in das operative Geschäft überführt werden. Das Simulieren von Szenarien bietet die Grundlage für kontinuierliche Verbesserungen der Touren.
Welche technischen Voraussetzungen müssen Unternehmer mitbringen, um Ihren Service nutzen zu können?
Im einfachsten Fall reicht ein handelsüblicher PC völlig aus. Dort wird das System TransIT installiert. Wenn die Fahrer über die TransIT-App angeschlossen werden sollen, wird je Fahrer ein Android-Smartphone benötigt.
Warum braucht es heutzutage Lösungen wie die Ihre in der Logistik?
Der Kostendruck in der Logistik ist hoch, unter anderem durch steigende Kosten für Kraftstoff und Personal. Einsparungen von 15 Prozent machen hier viel aus. Werden Fahrzeuge eingespart und kürzere Strecken gefahren, wirtschaftet man als Einzelhändler zudem ressourcenschonender.
Zusätzlich steigen Kundenanforderungen immer weiter – „punktgenaue Lieferungen“ werden immer wichtiger. Durch optimierte Tourenpläne wird der Einzelhändler sehr auskunftsfähig, da er eventuelle Verspätungen proaktiv ansprechen kann oder dem Kunden bei Nachfrage mitteilen kann, wann die Lieferung bei ihm eintreffen wird.
Die kontinuierliche Verbesserung der eigenen Logistik erfordert eine hohe Transparenz, die man durch den automatischen Vergleich der geplanten Touren mit der Realität erzielt. Ein Beispiel: Es wurden 20 Minuten für einen Auftrag eingeplant; der Fahrer benötigt in der Praxis jedoch eine Stunde. Das sollte der Tourenplan widerspiegeln. Durch den Vergleich steigt die Planungsqualität fortlaufend.
Sie arbeiten bereits mit KI – was halten Sie von automatisierten, autonomen Zustellungen und Transporten?
Unsere Software liefert nicht nur die Grundlagen für einen effizienten Tourenplan, sondern stellt auch sicher, dass diese Touren fahrbar sind. Das heißt, sie berücksichtigt alle notwendigen Restriktionen und Parameter für eine Tour. Diese Informationen können selbstverständlich auch für automatisierte und autonome Zustellungen genutzt werden. Wir bei der gts beschäftigen uns mit vielen innovativen Zukunftstrends in der Logistik, wie zum Beispiel den Einsatz von Lastenrädern, Cargobikes und Drohnen. Ende des Jahres beteiligen wir uns an dem Forschungsprojekt Drone4Parcel5G rund um den Einsatz von Paket-Drohnen in der Industrie und der öffentlichen Gesundheitsvorsorge.