Beschwerden liest kein Händler gerne und Arbeit machen sie auch noch. Sie einfach zu ignorieren ist langfristig auch keine gute Strategie, jede schlechte Kundenerfahrung, die öffentlich wird, kann der Marke schaden. Also muss man darauf reagieren. Aber wie? Dafür haben wir Ihnen einen kleinen 4-Schritte-Plan zusammengestellt.
Vorweg schon einmal eine gute Nachricht: Hat man die Beschwerden erstmal im Griff, lassen sich daraus sogar Vorteile ziehen. Auch dafür geben wir Ihnen ein paar praktische Beispiele.
Wie auf Beschwerden reagieren?
Was bei Beschwerdemanagement allgemein zu beachten ist und warum Unternehmen sich diesem Thema widmen sollten, erfahren Sie in unserem Beitrag Warum Beschwerdemanagement relevant ist. Hier kommen wir nun zur Kür des Beschwerdemanagements. Richtig auf Beschwerden und negative Kommentare zu reagieren, ist für Mitarbeiter sicherlich keine leichte Übung. Schulungen und nützliche Informationen und Guidelines können viel bewirken. Hier ein paar allgemeine Tipps, wie Sie auf Beschwerden angemessen reagieren können.
1. Sachlich und freundlich
Nehmen Sie die Beschwerden und den Ärger nicht persönlich. Lassen Sie sich nicht auf ein Niveau unsachlicher und verletzender Bemerkungen ziehen. Bleiben Sie freundlich und höflich, wenn auch bestimmt. Wenn ein Gespräch auf diese Art nicht möglich ist, haben Sie das Recht die Konversation zu beenden. Halten Sie nach, wie der Austausch vonstattenging.
2. Empathisch und ehrlich
Bleiben Sie empathisch und versuchen Sie den Ärger und die Not Ihres Gesprächspartners zu verstehen. Drücken Sie das auch aus. Sätze wie „Ich verstehe, dass Sie frustriert sind“ oder „An Ihrer Stelle wäre ich auch unzufrieden“ helfen unzufriedenen Kunden, sich abgeholt zu fühlen. Sprechen Sie Ihr Gegenüber persönlich an und versuchen Sie, Standardfloskeln, die wie solche klingen, zu vermeiden.
Auf keinen Fall Schuld eingestehen? Juristen mögen dazu raten, Kunden erwarten jedoch oft ein Zugeständnis dieser Art (ob berechtigt oder nicht) und freuen sich über eine ehrliche Entschuldigung. Das hilft oft, Diskussionen hinter sich zu lassen.
3. Lösungsorientiert
Wenn Sie dann noch Lösungsvorschläge unterbreiten, nehmen Sie störrischen Kunden oft den Wind aus den Segeln. Mit den weiteren Vorgehensweisen sollten Sie von den Fragen, wer schuld ist und wo das Problem liegt, so schnell wie möglich wegkommen. Sprechen Sie über Ihre Möglichkeiten und die nächsten Schritte. Lassen Sie die Kunden an dem Prozess einer Lösungsfindung teilhaben. Wenn möglich, vergewissern Sie sich hinterher, dass das Problem auch gelöst wurde oder geben Sie dem Kunden die Option, sich nochmal zu melden, wenn er weiter unzufrieden ist.
Wie gut dieser Schritt gelingt, hängt zu einem Großteil auch davon ab, wie gut Sie und Ihre Mitarbeiter mit den Produkten, Leistungen und Prozessen in Ihrem Unternehmen vertraut sind. Je besser Sie sich auskennen, desto mehr Wege und kreative Einfälle haben Sie zur Verfügung, den Kunden entgegenzukommen.
4. Unbürokratisch und großzügig
Und das Entgegenkommen ist wichtig. Es gibt den Kunden das Gefühl, nicht nur einer unter vielen zu sein, sondern wertgeschätzt zu werden.
Verstecken Sie sich nicht hinter Betriebsregelwerk, richten Sie lieber Ihre Firmenpolitik entsprechend aus. „So wird das bei uns nicht gehandhabt“ oder „Das liegt am System“ sind keine befriedigenden Antworten. Stellen Sie den Kunden in den Mittelpunkt, selbst wenn das einen größeren Aufwand bedeutet oder nicht den normalen Verfahrensregeln entspricht.
Im Idealfall lassen Sie sich hier nicht von den Kosten leiten. Wenn Sie etwas haben, was Sie als Entschädigung anbieten können, tun Sie das. Einen Gutschein, einen „3 zum Preis von 2“-Deal oder einen Rabattcode für einen weiteren Einkauf erkennt der Kunde zwar als Anregung für weitere Käufe, die allermeisten werden sie aber dennoch als positives Signal empfangen und abspeichern.
Einzige Einschränkung: Sie und Ihre Mitarbeiter sollten keine Versprechungen machen, die nicht eingehalten werden können. Daher ist es klug, im Voraus Möglichkeiten zu kommunizieren, wie Servicemitarbeiter den Kunden entgegenkommen können. In großen Hotels werden Service-Angestellte oft mit signifikantem Budget ausgestattet, um im Falle einer schlechten Erfahrung eines Gastes diesen spendabel zu verwöhnen. Geben Sie Ihrem Personal (auch im Kleinen) die Vollmacht und das Know-how flexibel und großzügig zu agieren. Diese Großzügigkeit zahlt sich langfristig aus.
Die Kunst: aus Kundenbeschwerden einen Nutzen ziehen
Was sich auch auszahlen kann? Wenn es Ihnen gelingt, Kundenfeedback – auch negatives – in etwas Positives umzuwandeln.
- Feedback auswerten
Schlechte Bewertungen und Beschwerden sind nicht nur ärgerlich und aufwändig zu bearbeiten. Sie sind auch ein – größtenteils ehrliches – Feedback zu den Leistungen Ihres Unternehmens. Es kann sich lohnen, diese Rückmeldungen ernst zu nehmen, zu sammeln und auszuwerten. Wenn sich Muster oder Häufungen ergeben, kann Ihnen das wertvolle Rückschlüsse liefern, wie gut Ihre Produkte und Services bei Ihren Zielgruppen ankommen. Vielleicht gewinnen Sie neue Erkenntnisse über Ihre Zielgruppen, zum Beispiel, welche Leistungen oder Merkmale Ihren Kunden am wichtigsten sind. Auch Trends oder Veränderungen bei der Nachfrage lassen sich so erkennen.
- Nützliche Inhalte generieren
Beschwerden zeigen Ihnen nicht nur, was schieflaufen kann. Sie verdeutlichen auch, wo Fragen und Probleme entstehen, wo Klärungsbedarf besteht und mit welchen Themen sich Ihre Kunden beschäftigen. Aus den Fragen Ihrer Kunden und den von Ihnen und Ihren Mitarbeitern gegebenen Antworten lassen sich hilfreiche Inhalte formen. Auf Hilfeseiten, im FAQ-Bereich („Frequently Asked Questions“) Ihrer Webseite, in Anleitungen und Tutorials können Sie auf Probleme Ihrer Kunden eingehen und direkt Antworten geben.
Diese Art von informativem Content bringt Ihnen drei Vorteile:
- Bei vielen Anliegen können Sie ohne großen Aufwand oder auch mit automatisierten Chatbots direkt und schnell auf relevante, übersichtliche und dienliche Inhalte verweisen.
- Da diese Inhalte häufige Fragen beantworten oder viel gesuchte Probleme formulieren und lösen, ist das Content, der zur SEO-Optimierung und einem höheren Suchmaschinenranking beitragen kann.
- Wenn Sie diesen Inhalten einen persönlichen Touch geben – Mitarbeiter erklären in Videos auf nette und sympathische Weise, wie Prozesse vonstattengehen – zeigen Sie sich von Ihrer menschlichen, zugänglichen Seite.
- Social-Media- oder PR-Content
Die Königsdisziplin wäre dann, den Input aus Beschwerden und der Kundenkommunikation auf kreative Weise für das eigene Marketing zu nutzen. Ziehen sie die Inhalte heraus, die auch andere Kunden interessieren könnten, und verpacken Sie die in einer schön gestalteten und unterhaltsamen Botschaft – als Text, Grafik oder Video. Gehen Sie schlechtes Feedback proaktiv an. Wenn Sie auf negative Rückmeldungen hin Änderungen vorgenommen haben, die Customer Experience verbessert oder neue Services etabliert haben, sprechen Sie darüber.
Die Strategie dahinter: Negative Kundenerfahrungen nicht zu verstecken und Ihre Firmenpolitik der Kundenzentrierung unterhaltsam zu präsentieren. Dazu zwei Beispiele:
Ob das Video von Virgin Atlantic Airways entstanden ist, um Beschwerden über lärmende Kinder im Flugzeug zu beantworten, ist uns nicht bekannt; vorstellen kann man es sich aber gut. Und als Inspiration für einen praktischen, kreativen und vor allem humorvollen Umgang mit Beschwerden dient es allemal:
Um zu bewerben, wie sehr Kundenservice zur DNA des Unternehmens gehört und wie weit Mitarbeiter gehen, um ihre Kunden zufrieden zu stellen, hat Versandhändler Zappos – auf übertriebene und scherzhafte, aber unterhaltsame Weise – öffentlich das Versprechen gegeben: mit unserem Kundenservice begeistern wir jeden.
Ein extremer Fall der Kundenbetreuung hat es sogar bis in die Late-Night-Show von Jimmy Fallon im US-Fernsehen gebracht: Ein Zappos-Mitarbeiter telefonierte fast zehneinhalb Stunden mit einer Kundin, schon lange nachdem das ursprüngliche Anliegen gelöst war.