Modernes Content-Marketing auf digitalen Screens am Point of Sale ist den großen Marken vorbehalten und nichts für kleine Händler? Keineswegs, sagt Nils Drosin, Co-Founder und CEO von 4Dmagic. Er ist überzeugt: Wenn Händler ihre Bestseller, ihre Kreativität und Leidenschaft nutzen, können sie mit wenigen Mitteln viel erreichen.
Wie locke ich Passanten in die Tiefen meines Stores? Woher kriege ich wirkungsvollen Content? Und wie setze ich Digital Signage am Point of Sale (POS) gewinnbringend ein? Auf diese und weitere Fragen gibt Drosin uns Antworten.
Herr Drosin, warum ist Content-Marketing so wichtig?
Nils Drosin: Wir haben mittlerweile eine solche Vielzahl an Artikeln und Angeboten. Vor 20 Jahren konnte man noch DIE EINE Spreewaldgurke kaufen, wenn man heute eine Spreewaldgurke kauft, muss man sich trotzdem noch zwischen vielen Varianten entscheiden. Hier kommt Marketing ins Spiel.
Der POS ist für jeden Händler eine Bühne, auf der er sich präsentieren kann. Und als Kunde möchte ich mich an diesem Ort wohl fühlen. Das geht über das Produkt, das ich als Kunde erwerben will, weit hinaus: Dazu gehören die Möbel, die Lage, die Atmosphäre und vieles mehr. Und für diese identitätsstiftende Inszenierung ist Content-Marketing wichtig. Nach dem Motto: „Komm rein, erlebe uns!“
Was macht gutes Content-Marketing dann aus?
Um erstmal aus Passanten Kunden zu machen, ist es wichtig im Schaufenster oder an der Fassade ein Statement zu setzen, das neugierig macht. Das kann das Angebot der Woche beziehungsweise des Tages oder ein Produktfilm sein, um den Passanten die Markenbotschaft, das Feeling näherzubringen.
Von zentraler Bedeutung ist anschließend die Fokussierung auf das Wesentliche: “The product is the key.” Das Produkt muss am POS immer die Nummer Eins sein. Um das Produkt baue ich meine Kampagne auf: Welche Informationen versprechen einen Mehrwert und stillen ein Bedürfnis? Wann, wo und wie braucht der Kunde welche Informationen?
Genau dabei helfen digitale Medien, die – idealerweise in Echtzeit und automatisiert – den passenden Content ausspielen. Richtig eingesetzt kann ich damit eine Sogwirkung erzielen und den Kunden in den Laden ziehen: Im Schaufenster brauche ich andere Inhalte als im Inneren des Geschäfts. Da beginnt die Orientierungsphase eines neuen Passanten. Und bei den Umkleidekabinen beispielsweise schließlich werden Entscheidungen getroffen, da gehe ich genauer auf einzelne Produkte ein. Hier könnten Größentabellen oder Style-Guides dem Kunden helfen.
Sie haben Erfahrungen beispielsweise im Vorstand von CECIL gemacht. Was raten Sie hingegen kleinen Händlern, wie kommen sie mit kleinem Budget an Werbe-Content?
Ich denke, es ist zweitrangig, ob der Händler groß oder klein ist oder wieviel Budget er hat. Es geht darum, herauszufinden: Welche Informationen hast du und wie kommst du an Bilder? Mit Produktfotos und Material von Herstellern lässt sich einiges anfangen. Darüber hinaus habe ich oft erlebt, dass Händler klagten, sie hätten keinen Content. Wenn die dann aber begeistert erzählen, was sie so machen, stellt sich heraus, dass da unglaubliches Gold verborgen liegt. Dann ermuntere ich sie, von ihren Unternehmungen und Aktionen mal ein Video oder einige Fotos zu machen. Und so erstellen wir dann eine individualisierte Content-Playliste.
Das alles muss nicht teuer sein, das ist nur zu organisieren. Meiner Meinung nach werden oft Ressourcen für Kommunikations- und Verkaufskanäle aufgewendet, die einem Händler nicht viel bringen: Ob es Facebook oder Instagram sind, der Verkauf über Plattformen wie Amazon oder ein Investment in Influencer, die kaum kontrollierbar und deren Erfolge schlecht messbar sind.
Daher ist mein Rat immer wieder: Fokussiert euch!
Und prüft kritisch: Mit welchen Kanälen erreichen meine Zielgruppen? Welcher Content hat eine Wirkung? Und sind meine Inhalte noch zeitgemäß?
Wie findet ein Händler heraus, ob seine Kampagnen Wirkung erzielen?
Da gibt es mehrere Möglichkeiten. Wir arbeiten beispielsweise mit Frequenzmessung im Store und mit Sales-Reports. Der Vergleich von Frequenz und Verkäufen mit dem ausgespielten Content zu gewissen Zeitpunkten kann viel aussagen. Selbst Gesichtserkennung setzen wir teilweise ein, die nicht nur ermitteln kann, welche Art von Kunde vor dem Bildschirm steht, sondern auch, wie die Person auf die Inhalte reagiert.
Bildschirme, die Videos abspielen, sind ja Kommunikation in eine Richtung. Ein großes Stichwort momentan ist aber Interaktivität. Für wie wichtig halten Sie interaktive Digital Signage-Anwendungen?
In erster Linie müssen solche Anwendungen leicht zu bedienen und logisch aufgebaut sein. Alles, was den Konsumenten dazu auffordert, dass er sich registrieren muss, dass er Daten an einem Display im Laden eingeben soll oder ähnliches, funktioniert meiner Erfahrung nach nicht. Das Gleiche gilt für Virtual Reality, Magic Mirrors, interaktive digitale Schaufenster und ähnliche Spielereien: Ich glaube nicht daran, dass viele Kunden sich vor einem Schaufenster oder im Geschäft zum Affen machen. Mein Motto ist: „Im Zweifel: Weglassen!“
Bei Digital Signage geht es um die Leichtigkeit der guten Beratung. Die Displays sind die Kommunikationsmittel und das Herzstück ist das intelligente Content-Management-System dahinter. Automatisierung ist hier der Schlüssel. Wenn der Kunde einen QR-Code scannt oder einen mit RFID-Chip versehenen Artikel in die Hand nimmt, dann greift das CMS-System auf den entsprechenden Inhalt zu und spielt ihn aus. Haben Händler einen Renner im Sortiment – das beliebte Beispiel des Regenschirms, wenn es regnet – dann muss automatisch der entsprechende Spot auf dem Display im Schaufenster oder am Regal laufen. So simpel muss Technologie funktionieren. Und wenn ich damit meine Zielgruppen treffe, passende Angebote oder Informationen biete, dann wird Digital Signage richtig genutzt.
Der stationäre Handel hatte es leider sehr schwer seit der Corona-Pandemie. Sie sind trotzdem optimistisch?
Meines Wissens sind Kunden weiterhin bereit, im stationären Handel für einen tollen Service mehr Geld auszugeben. Sie fühlen sich dort gut beraten. Und wie wichtig dieser Kontakt für uns ist, sich in der Stadt zu treffen, zu shoppen, zusammen einen Cappuccino zu trinken, lernen wir seit über einem Jahr wie wohl niemals zuvor.
Ich bin weltweit unterwegs gewesen und ich liebe unsere Infrastruktur in Deutschland. Wir können stolz darauf sein, eine Vielfalt an tollen Unternehmern und Händlern in unseren Städten zu haben, die ihr Geschäft mit Herzblut führen. Das sehe ich als große Chance für den Einzelhandel.