Die Pandemie brachte den Aufschwung kontaktloser Lösungen – nicht nur, aber auch beim Verkaufen und Bezahlen. Eine Variante dieser Lösungen sind Verkaufsautomaten.
Da Automaten und Bezahlung Hand in Hand gehen, schnappten wir uns sowohl Moritz Haendel, Geschäftsführer der Automatenland GmbH, als auch Torben Dankers, Sales Lead Vending bei der CCV GmbH. Mit den beiden Experten sprachen wir über die Transformation der Branche in den vergangenen Jahren und fragten sie, wie Handel und Konsumenten mit Automaten umgehen und wie sie an ihnen bevorzugt bezahlen.
In den letzten zweieinhalb Jahren haben sich viele Branchen stark gewandelt. Was hat sich auf dem Vending-Markt getan?
Moritz Haendel, Automatenland: Hinter den Kulissen erleben wir den größten Wandel, den die Automatenbranche je erlebt hat. In den letzten Jahren haben der Einzelhandel und andere Branchen darüber nachgedacht, wie sie sich der Zukunft stellen und wie sie weiter wachsen können.
Darüber hinaus sehen wir – und das ist völlig neu – einen starken Anstieg neuer Betreiber, insbesondere im Bereich der Außenautomaten, bisher war das ein Bereich mit wenig Konkurrenz.
Torben Dankers, CCV: Ein starker Trend, den wir beobachten: Landwirtschaftliche Betriebe und andere Frischelieferanten bieten ihre Produkte in einem Verkaufsautomaten in ihren lokalen Hofläden an. Wir sehen auch, dass große Einzelhändler Automaten und 24/7-Shop-Konzepte testen. Für beide Anwendungen werden die Automaten mit (kontaktlosen) Kartenzahlungssystemen ausgestattet.
Auch der Zahlungsmarkt hat sich weiterentwickelt. Welche Veränderungen sehen Sie hier?
Torben Dankers: Angetrieben durch eine weltweite Veränderung des Verbraucherverhaltens aufgrund der Corona-Pandemie gibt es ein großes Thema: schnelle und reibungslose Innovation. Es geht um das Wachstum des Omnichannel-Handels, die neue Rolle der Terminals über das Bezahlen hinaus und die Verlagerung zu mehr Selbstbedienung. Von großer Bedeutung ist auch die Verbindung zwischen Kundenbindung und Zahlung sowie die Tatsache, dass die EU-Gesetzgebung neue Zahlungsstandards setzt.
Der Zahlungsverkehr steht nicht mehr für sich allein: Er ist eng mit der Kundenbindung, nachhaltigen Verhaltensweisen, Marketingaktivitäten und anderen wichtigen Aspekten des Handels verwoben.
Wie viel von dem Wandel, den Sie in Ihrer Branche sehen, ist auf die COVID-Pandemie zurückzuführen?
Moritz Haendel: Die Pandemie hat viele Unternehmen erschüttert, aber auch viele Türen geöffnet, denn die steigenden Arbeitskosten und der Personalmangel erfordern Lösungen. Ohne die Pandemie hätten nicht viele darüber nachgedacht, ob Automaten Menschen unterstützen oder ersetzen können. Wir haben viele Tankstellen als Kunden, die jetzt ihre Nachtschalter mit Automaten ausstatten, weil das Personal sehr schwer zu finden ist.
Torben Dankers: Mit Blick auf die Payment-Branche sehen wir, dass die COVID-Pandemie die Digitalisierung des Zahlungsverkehrs beschleunigt hat. Der elektronische Zahlungsverkehr wurde weithin als sicher, schnell und hygienisch beworben. In Deutschland haben wir einen definitiven Wechsel von Scheinen und Münzen zu E-Payments vollzogen. Vor allem das kontaktlose Bezahlen hat den nächsten großen Schritt nach vorne gemacht.
Stellen Sie auch eine Veränderung des Zahlungsverhaltens im Zusammenhang mit Automaten fest?
Torben Dankers: Bei CCV beobachten wir eine Zunahme der Anfragen von Betreibern, ihre Automaten mit Kartenzahlungsmodulen auszustatten. Dass die Verbraucher mit ihrer Bankkarte am Automaten bezahlen wollen, belegen auch Untersuchungen von Vendingverbänden in Deutschland und Europa.
Moritz Händel: Das Bezahlen mit Karte ist mittlerweile an fast jedem Automaten möglich, aber die Deutschen sind immer noch ein wenig in ihr Bargeld verliebt. Die Akzeptanz des bargeldlosen Bezahlens wächst aber, und einige Betreiber arbeiten inzwischen ganz ohne Bargeld. Vor allem Apple und Samsung Pay, also das Bezahlen mit dem Smartphone oder der Smartwatch, werden immer beliebter. Die Anbieter solcher Geräte beteiligen sich an diesem Innovationswettlauf: Intelligente Geräte können nun wie ein kleines Smartphone an den Automaten angekoppelt werden, und einige von ihnen können sogar Apps bereitstellen.
Gibt es neue Anwendungsfälle für Automaten, die vor ein paar Jahren noch nicht so verbreitet waren?
Moritz Haendel: Eindeutig ja, denn der Markt hat erkannt, dass Automaten im Prinzip jedes Produkt verkaufen können. Das Gerät arbeitet rund um die Uhr, ist selten krank und verkauft auch gerne an Feiertagen. Die Nachfrage nach Automaten, die Heimwerkerbedarf, Ersatzteile, CBD-Produkte und Telefonzubehör verkaufen, hat in den letzten Jahren stark zugenommen.
Gibt es Produkte, die derzeit von Verbrauchern an Automaten nachgefragt werden?
Moritz Händel: Die Topseller im Snack- und Getränkesektor sind gefragt und generieren die größten Umsätze. Auffallend ist aber, dass in Metzgereien ein anderes Verhalten der Kunden zu beobachten ist: Obwohl der Laden geöffnet ist, gehen die Kunden lieber zu den Automaten, die neben dem Eingang stehen, obwohl die Preise höher sind als die Ladenpreise. Auch im Snack- und Getränkebereich wird der Automat von den Kunden als attraktiver empfunden als vor der Pandemie.
Setzt der Handel Automaten anders ein als noch vor einigen Jahren?
Moritz Haendel: Es gibt zwei Lager von Einzelhändlern, die mit Verkaufsautomaten arbeiten.
Die kleinen unabhängigen Einzelhändler haben die Vorteile erkannt: Kioske, Metzgereien und Fischereigeschäfte sind bereits voll dabei und betreiben erfolgreich Automaten, so dass Waren verkauft werden können, auch wenn das Geschäft geschlossen ist.
Die Einzelhandelsketten hingegen sind auf den ersten Blick zurückhaltend und probieren Smart Stores aus. Sie suchen fieberhaft nach einer intelligenten Lösung, die auch in Zukunft für stabile Umsätze sorgen soll. Auch wir sind an solchen Projekten beteiligt und haben ein Terminal entwickelt, das solche Lösungen unterstützt. Ein klassischer Verkaufsautomat würde irgendwann an seine Grenzen stoßen.
Was erwarten Sie für die Zukunft?
Torben Dankers: Das kontaktlose Bezahlen an Automaten wird zum Standard werden und auch das Bezahlen über mobile Geräte nimmt zu, aber das wird noch dauern. Einerseits mussten die Betreiber aufgrund der Auswirkungen der COVID-Pandemie über eine andere Strategie nachdenken, da es weniger Einnahmen zu reinvestieren gab, und wir sehen immer noch ihre Schwierigkeiten. Andererseits steigen die Kosten für die Handhabung von Bargeld, was die Kartenzahlung als alternative Zahlungslösung für die Zukunft unterstützen wird.
Moritz Haendel: Die Branche ist noch nie so stark gewachsen wie jetzt; Betreiber, die so weitermachen wie bisher, werden scheitern. Die Zeit der New Economy hat begonnen, und die Karten werden neu gemischt.