Schöne neue letzte Meile
Dilemma zwischen digitaler Transformation und Nachhaltigkeit?
Deutsche Post DHL Group
Die Pandemie hat dem Onlinehandel mit seinen bereits in den vergangenen Jahren verzeichneten Rekordvolumen einen zusätzlichen Schub verliehen. In der Folge platzt gerade in Ballungsgebieten die Zustellung auf der letzten Meile aus allen Nähten. Der Kapazität an Zustellfahrzeugen, Fahrern und städtischem Parkraum sind Grenzen gesetzt. Nicht nur deshalb rückt das Thema „Letzte Meile“ wieder ganz oben auf die Agenda von Logistikexperten und Onlineshops.
Auch Kundenerwartungen in Bezug auf die Zustellung von Sendungen wandeln sich. Der Verbraucher von heute ist digital vernetzt. Er verfügt über eine hohe Kaufkraft, hat Bedarf an Express-Lieferungen und setzt Komfort, günstige Preise und ein Höchstmaß an Nachhaltigkeit voraus.
Darüber hinaus erwarten die Empfänger, dass sie selbst entscheiden können, wo und wann sie ihre Sendungen entgegennehmen. Eng begrenzte Zustellzeitfenster, automatisierte und günstig gelegene Abhol- und Abgabestellen, die rund um die Uhr zur Verfügung stehen, sowie eine Auswahl an Zustell- und Umleitungsoptionen sind mittlerweile fast eine Voraussetzung für die Wahl von Logistikpartnern.
Von Push zu Pull: Digitale Transformation – der Schlüssel zu mehr Nachhaltigkeit
Die meisten Warenströme folgten früher dem Push-Prinzip. Nachdem sich in den vergangenen Jahrzehnten das Internet, EDI und andere Formate durchgesetzt haben, hat sich dies jedoch grundlegend geändert, insbesondere was B2B-Kunden angeht. Die Automobilindustrie hat gezeigt, wie sich die Warenströme von Push-basierten hin zu Pull-gesteuerten Lieferketten entwickeln können. Dank Smartphones und Echtzeitdaten kann das Pull-Prinzip der neue Standard auf der letzten Meile werden – mit neuen Services und einer verbesserten Customer Experience. Dabei wird auf Basis der tatsächlichen Nachfrage, die auf laufenden Bestandsprüfungen besteht, der Bedarf ermittelt.
Hello Fresh Benelux beispielsweise bietet seinen Kunden die Wahl zwischen mehreren zweistündigen Lieferfenstern und gibt eine Empfehlung für die CO2-effizienteste Variante. Bei DHL haben wir bereits vor Jahren eine sehr nachhaltige Lösung auf der letzten Meile eingeführt: Unsere Packstationen. Sie sind nicht nur praktisch, sondern senken auch den CO2-Ausstoß, da mehr Stopps auf einer Fahrt bedient werden können und keine weiteren Zustellversuche nötig sind. Lösungen wie On Demand Delivery, die der Kunde auf seinem Smartphone nutzt, tragen zusätzlich zur Vermeidung unnötiger Zustellversuche bei, da der Kunde bereits im Vorfeld die gewünschte Zustellzeit und Zustellort für seine Sendung wählen kann.
Daten als Quelle für neue nachhaltige Modelle & besseren Kundenservice
Alle neuen digitalen Dienste haben eins gemeinsam, sie arbeiten auf der Grundlage von Daten. Heutzutage stehen enorme Mengen an Daten in Echtzeit zur Verfügung, die für eine Routenoptimierung genutzt werden können. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Daten hochwertig sind und ihre Verwendung gesellschaftlich akzeptiert ist. Durch eine verbesserte Datenqualität und Datenbereinigung lassen sich große Effizienz- und Nachhaltigkeitspotenziale erschließen.
Konzepte wie what3words, die auf Geo-Codes beruhen, werden sich hier positiv auswirken und den CO2-Ausstoß verbessern. Mobiltelefonnummern der Empfänger ermöglichen eine direkte Kommunikation, sei es automatisiert oder über den Kurier. Fast zu schön, um wahr zu sein.
Tatsächlich gibt es ein Problem: Webshops benötigen die ausdrückliche Zustimmung des Empfängers, um Handynummern an Dritte, wie zum Beispiel einen Logistikdienstleister, weitergeben zu können. Außerdem wird der Datenschutz von Land zu Land sehr unterschiedlich geregelt. Aus diesem Grund kann die Verfügbarkeit von Daten und ihre Nutzung ein entscheidender Wettbewerbsfaktor für die Wirtschaft und den Dienstleistungssektor sein. Letztlich entscheidet die Kombination aus hervorragendem digitalem Service und der Verfügbarkeit von Daten über den Erfolg im Onlinehandel, denn ohne Daten bringen auch die innovativsten Tools nicht den erwarteten Nutzen.
Transformation erfordert sowohl disruptive Sprünge als auch kleine Schritte
Die digitale Transformation auf der letzten Meile schreitet schnell voran. Die großen KEP-Player sind sicherlich Experten, wenn es um inkrementelle Verbesserungen geht. Doch oftmals steht Silodenken dem Wandel im Weg.
Start-ups mit disruptiven Ansätzen machen sich genau dies zunutze. White-Label-Lösungen wie beispielsweise die Hamburg-Box oder Micro Hubs brechen diese Silos auf und schaffen mehr Komfort durch konsolidierte Zustellungen und eine integrierte Kommunikation. Die Auslieferung von mehr Sendungen an den einzelnen Stopps wirkt sich kostensenkend aus und zahlt letztlich auf die Nachhaltigkeit ein.
Bis diese flächendeckend eingesetzt wird, dauert es wahrscheinlich noch, aber es ist die Kombination aus disruptiven Sprüngen und kleinen Schritten die uns weiterbringt. Die etablierten KEP-Akteure müssen sich dafür öffnen, um ihre eigene Marktposition zu verteidigen. Junge, innovative und disruptive Start-ups wiederum können von einer Zusammenarbeit mit großen etablierten Unternehmen enorm profitieren. Wenn beide Seiten auf Augenhöhe zusammenarbeiten, steht der Zukunft einer grünen und kundenorientierten letzten Meile nichts mehr im Wege.
In der Logistik bewegt sich was:
Digital Natives bringen Impulse für digitale Transformation
Eine große Inspirationsquelle für etablierte Unternehmen ist sicherlich auch eine neue Generation von Beschäftigten, die sich als Digital Natives definiert. Diese Talente erwarten flexible Arbeitszeiten und -orte, Coworking-Formate, eine ausgewogene Work-Life-Balance, Nachhaltigkeit, gesellschaftliche Verantwortung sowie Führungskräfte, die bereit sind, den Weg in die neue Arbeitswelt gemeinsam mit ihnen zu gehen. Ökologische Entwicklungen, gesellschaftliche Aspekte, Urbanisierungstendenzen und das technische Potenzial machen die Logistikindustrie für diese Zielgruppe attraktiv. Allerdings müssen KEP-Unternehmen die neue Arbeitskultur ehrlich leben. Im Gegenzug sind Unternehmen, die sich diese Form des Arbeitens zu eigen machen, ihren Wettbewerbern um einiges voraus.
Die Zukunft muss gemeinsam gestaltet werden
Die letzte Meile erfordert kollektives Hinterfragen und kollaborative Konzepte für eine digitale und nachhaltige Transformation. Jetzt ist es an der Zeit, diese besser zu gestalteten, um Effizienz, Nachhaltigkeit und Customer Experience zu vereinen. Wir bei DHL Express freuen uns sehr darauf, diesen Prozess mitzugestalten.